1015, als die beiden meißnischen Markgrafen, Günther und
Eckard II., den Kaiser auf seinem Heereszuge begleiteten und Herrmann, Eckards
Bruder allein sich befand, rückte der Polenherzog Mesiko, des vorigen Boleslaus Sohn,
zur Belagerung heran, brannte die Vorstädte ab und betrieb die Belagerung der Wasser-
burg aufs Eifrigste. Die vertheidigende Besatzun war sehr gering, weshalb die
Bürger thätig derselben beistanden. Die Polen hatten bereits zwei Thürme in Brand
gesteckt und stürmten am 13. September genannten Jahres mit wildem Geschrei in
der Hoffnung, daß das Feuer zu löschen, die Zahl der Vertheidiger mindern würde.
Indeß sie hatten sich geirrt, denn die Meißner Frauen griffen zu und löschten, da es
ihnen an Wasser mangelte, die brennenden Thürme mit Meth. Die Polen wurden
unterdeß kräftig zurückgeschlagen. Ein zufälliges Ereigniß verleidete derem Herzog die
Belagerung gänzlich. Durch heftige Regengüsse in Böhmen schwoll die Elbe so sehr
an, daß er es für gut fand, um nicht seine Rückzugslinie einzubüßen, eiligst sich mit
seiner Armee davon zu machen. Wegen dieser That der tapfern Meißner Weiber
wurde jährlich der Tag Maria Geburt als Gedenktag gefeiert und zwar bis zu
Mannes Gedenken, was so viel heißt, als so lange noch ein Mann in Meißen leben
würde. Die Männer sammelten sich auf dem Rathhause, die Weiber in Bürger-
meisters Haus, beide Parten zogen dann feierlich in die Kirche zu einem Dankgottes-
dienste für die Errettung aus Feindesgewalt. Mit Einführung der Reformation hörte
auch die Feier dieses Gedenktages auf.
aus: "Das goldne Buch vom Vaterlande", Löbau: Walde, 1859, Seite 409