der Freiheitsbrunnen in Memmingen im Juli 2017
Die 12 Artikel der Memminger Bauern
Memmingen, am 20. März 1525
Schautafel am Freiheitsbrunnen in Memmingen mit den ersten drei Artikeln im Juli 2017
Wandbild und Schriften am Weinmarkt in Memmingen im Juli 2017
Zum Ersten ist unsere demütige Bitte und unser Begehr, auch unser aller Wille und Meinung, dass wir nun
in Zukunft Gewalt und Macht haben, damit eine ganze Gemeinde ihren Pfarrer selbst wählen und
einsetzen kann. Sie soll auch Vollmacht haben, ihn wieder abzusetzen, wenn er sich ungebührlich verhält. ...
Zum Zweiten: Da der Kornzehnt im Alten Testament festgelegt und im Neuen bestätigt ist, wollen wir den
rechtmäßigen Kornzehnt gerne geben, doch wie es sich gebührt: Demnach soll man ihn Gott geben und auch
den Seinen zuteil werden lassen. Somit gebührt er einem Pfarrer, der das Wort Gottes klar verkündet. ...
Zum Dritten ist es bisher Brauch gewesen, dass man uns für Leibeigene gehalten hat, was zum Erbarmen
ist, angesichts dessen, dass uns Christus alle mit seinem kostbaren vergossenen Blut erlöst und erkauft hat,
den Hirten ebenso wie den Höchsten, keinen ausgenommen. Darum ergibt sich aus der Schrift, dass wir frei
sind und sein sollen. ...
Zum Vierten ist es bisher Brauch gewesen, dass kein Bauer das Recht gehabt hat, Wild, Geflügel oder Fische
in fließendem Wasser zu fangen, was uns ganz unziemlich unbrüderlich dünkt, sogar eigennützig und
dem Wort Gottes nicht gemäß. ...
Zum Fünften sind wir auch wegen der Holznutzung beschwert. Denn unsere Herrschaften haben sich die
Wälder allein angeeignet, und wenn der Bauer etwas braucht, muss er´s ums doppelte Geld kaufen. So
ist unsere Meinung dazu: Was es auch immer für Wälder seien, die geistliche oder weltliche Herren besitzen,
sie sollen, wenn diese sie nicht gekauft haben, der ganzen Gemeinde wieder anheim fallen. ...
Zum Sechsten sind wir hart beschwert durch die Dienste, die von Tag zu Tag vermehrt und täglich erweitert
werden. Wir verlangen, dass man genügend Einsehen dafür hat und uns nicht dermaßen belastet, sondern
uns gnädig so dienen lässt, wie schon unsere Eltern gedient haben, doch entsprechend dem Wortlaut des
Evangeliums.
Zum Siebten wollen wir uns künftig von der Herrschaft keine weiteren Lasten auferlegen lassen, sondern
man soll das Gut so besitzen, wie es von der Herrschaft von Rechts wegen verliehen wird, entsprechend der
Vereinbarung zwischen Herrn und Bauern. ...
Zum Achten sind wir dadurch beschwert, dass die Güter, und es gibt viele, die Güter besitzen, den Pachtzins
nicht erbringen können, so dass die Bauern das Ihre darauf einbüßen und zu Grunde gehen. Wir verlangen,
dass die Herrschaft diese Güter von einer Kommission ehrbarer Leute begutachten lässt und dann soll ein
Pachtzins nach der Ertragsfähigkeit festgesetzt werden, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue. ...
Zum Neunten sind wir durch die hohen Gerichtsbußen beschwert. Denn man stellt stets neue Satzungen auf.
Man straft uns nicht auf Grund eines Tatbestandes, sondern zu Zeiten mit großer Missgunst und zu Zeiten
nach Gunst. Es ist daher unsere Forderung, dass man uns auf Grund alter, geschriebener Satzung strafe, je
nachdem, wie die Strafsache beschaffen ist, und nicht nach Willkür.
Zum Zehnten sind wir damit beschwert, dass etliche Herren sich Wiesen angeeignet haben, desgleichen
Äcker, die der Gemeinde gehören. Diese werden wir wieder in unseren gemeinschaftlichen Besitz nehmen,
es sei denn, dass man sie redlich gekauft hätte. Wenn man sie aber nicht rechtmäßig erworben hat, soll
man sich gütlich und brüderlich miteinander vergleichen nach Lage der Dinge.
Zum Elften wollen wir den Brauch, genannt Todfall, ganz und gar abgeschafft haben. Wir wollen nicht mehr
dulden noch weiterhin gestatten, dass man Witwen und Waisen gegen Gott und jede Ehre so schändlich
etwas nehmen und sie berauben darf, wie es an vielen Orten in unterschiedlicher Art und Weise geschehen
ist, und zwar von denen, die sie beschützen und beschirmen sollten. ...
Zum Zwölften ist unser Beschluss und unsere endgültige Meinung: Wenn einer oder mehrere Artikel hier
aufgestellt sein sollten, die dem Wort Gottes nicht entsprechen, was wir aber nicht glauben, so soll man sie
uns mit dem Wort Gottes als unzulässig nachweisen. Wir wollen dann von ihnen Abstand nehmen, wenn man
uns das auf Grund der Schrift erklärt. ...
verschiedene Schautafeln in Memmingen im Juli 2017