Friedensvertrag zwischen Preußen und Sachsen
Berlin, vom 21. Oktober 1866
Seine Majestät der König von Preußen und Seine Majestät der König von Sachsen,
von dem Wunsche geleitet, die durch den Krieg unterbrochenen gegenseitigen
freundschaftlichen Beziehungen herzustellen und für die Zukunft zu regeln,
haben Behufs Verhandlung eines darüber abzuschließenden Friedensvertrages
zu Ihren Bevollmächtigten ernannt, und zwar:
Seine Majestät der König von Preußen:
Seinen Wirklichen Geheimen Rath, Kammerherrn und Gesandten, Carl
Friedrich von Savigny, Ritter des Königlich Preußischen Rothen
Adler-Ordens I. Klasse, Großkreuz des Königlich Sächsischen
Albrechts-Ordens, Comthur des Königlich Sächsischen
Civil-Verdienst-Ordens usw., und
Seine Majestät der König von Sachsen:
Seinen Staatsminister der Finanzen Richard Freiherrn v. Friesen,
Großkreuz des Königlich Sächsischen Civil-Verdienst-Ordens usw., und
Seinen Wirklichen Geheimen Rath Adolph Grafen v. Hohenthal,
Großkreuz des Königlich Sächsischen Civil-Verdienst-Ordens und
des Königlich Preußischen Rothen Adler-Ordens I. Klasse ect.
welche, nach erfolgtem Austausch ihrer in guter Ordnung befundenen Vollmachten,
über nachfolgende Vertragsbestimmungen übereingekommen sind:
Artikel 1. Zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preußen und Seiner
Majestät dem Könige von Sachsen, deren Erben und Nachfolgern, deren Staaten und
Unterthanen, soll fortan Friede und Freundschaft auf ewige Zeiten bestehen.
Artikel II. Seine Majestät der König von Sachsen, indem Er die
Bestimmungen des zwischen Preußen und Österreich zu Nikolsburg am 26. Juli 1866
abgeschlossenen Präliminar-Vertrages, so weit sie sich auf die Zukunft Deutschlands
und insbesondere Sachsens beziehen, anerkennt und acceptirt, tritt für Sich,
Seine Erben und Nachfolger, für das Königreich Sachsen den Artikeln I. bis VI. des
am 18. August d. J. zu Berlin zwischen Seiner Majestät dem Könige von Preußen
einerseits und Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Sachsen-Weimar und anderen
Norddeutschen Regierungen andererseits geschlossenen Bündnisse bei und erklärt
dieselben für Sich, Seine Erben und Nachfolger, für das Königreich Sachsen verbindlich,
so wie Se. Majestät der König von Preußen die darin gegebenen Zusagen ebenfalls auf das
Königreich Sachsen ausdehnt.
Artikel III. Die hiernach nöthige Reorganisation der Sächsischen Truppen,
welche einen integrirenden Theil der Norddeutschen Bundes-Armee zu bilden und als
solche unter den Oberbefehl des Königs von Preußen zu treten haben, werden, erfolgt,
sobald die für den Norddeutschen Bund zu treffenden allgemeinen Bestimmungen auf der
Basis der Bundesreform-Vorschläge vom 10. Juni d. J. festgestellt sein werden.
Artikel IV. Inzwischen treten in Beziehung auf die Besatzungs-Verhältnisse
der Festung Königstein, die Rückkehr der Sächsischen Truppen nach Sachsen, die nöthige
Beurlaubung der Mannschaften und die vorläufige Garnisonirung der auf den Friedensstand
zurückversetzten Sächsischen Truppen, die gleichzeitig mit dem Abschlusse des
gegenwärtigen Vertrages getroffenen besonderen Bestimmungen in Kraft.
Artikel V. Auch in Beziehung auf die völkerrechtliche Vertretung Sachsens
erklärt die Königlich Sächsische Regierung sich bereit, dieselbe ihrerseits nach den
Grundsätzen zu regeln, welche für den Norddeutschen Bund im Allgemeinen maßgebend
sein werden.
Artikel VI. Seine Majestät der König von Sachsen verpflichtet Sich, Behufs
Deckung eines Theils der für Preußen aus dem Kriege erwachsenen Kosten und in
Erledigung des im Artikel V. des Nikolsburger Präliminar-Vertrages vom 26. Juli 1866
gemachten Vorbehalts, an Seine Majestät den König von Preußen die Summe von - Zehn
Millionen Thalern - in drei gleichen Raten zu bezahlen.
Die erste Rate ist fällig am 31. Dezember d. J., die zweite am 28. Februar und die
dritte am 30. April künfigen Jahres.
Artikel VII. Seine Majestät der König von Sachsen leistet für die Bezahlung
dieser Summe Garantie durch Hinterlegung von Königlich Sächsischen 4procentigen
Staatsschulden-Kassenscheinen, Königlich Sächsischen 3procentigen landschaftlichen
Obligationen vom Jahre 1830 oder Königlich Sächsciehn, zu 3 1/2 Procent verzinslichen
Landrentenbriefen bis zum Betrage der zu garantirenden Summe. Die zu deponirenden
Papiere werden zum Tagescourse berechnet und die Garantiesumme wird um 10 Procent
erhöht.
Artikel VIII. Seiner Majestät dem Könige von Sachsen steht das Recht zu,
obige Entschädigung ganz oder theilweise unter Abzug eines Disconto von fünf Procent
per Jahr früher zu bezahlen.
Artikel IX. Mit erfolgtem Austausch der Ratificationen dieses Vertrages
treten, unbeschadet der im Artikel IV. vorgesehenen besonderen Bestimmungen das
Königlich Preußische Civil-Commissariat zu Dresden außer Wirksamkeit; auch hört
mit demselben Zeitpunkte die an letzteres seither geleistete tägliche Zahlung von
10.000 Thalern auf.
Artikel X. Die Auseinandersetzung der durch den früheren Deutschen Bund
begründeten Eigenthumsverhältnisse bleibt besonderer Vereinbarung vorbehalten.
Insbesondere behält Sich Seine Majestät der König von Sachsen einen Anspruch auf
über 200.000 Thaler, welche Sachsen anläßlich der Bundes-Execution in Holstein
aufgewendet und liquidirt hat, ausdrücklich vor.
Artikel XI. Vorbehaltlich der, auf der Basis der Bundesreform-Vorschläge
vom 10. Juni d. J. in der Verfassung des Norddeutschen Bundes zu treffenden
Bestimmungen über Zoll- und Handelsverhältnisse, sollen einstweilen der
Zollvereinsvertrag vom 16. Mai 1865 und die mit ihm in Verbindung stehenden
Vereinbarungen, welche durch den Ausbruch des Krieges außer Wirksamkeit gesetzt
sind, unter den hohen Contrahenten, vom Tage des Austausches der Ratificationen
des gegenwärtigen Vertrages an, mit der Maßgabe wieder in Kraft treten, daß jedem
der hohen Contrahenten vorbehalten bleibt, dieselben nach einer Aufkündigung von
sechs Monaten außer Wirksamkeit treten zu lassen.
Artikel XII. Alle übrigen, zwischen den hohen vertragschließenden Theilen
vor dem Kriege abgeschlossenen Verträge und Übereinkünfte werden hiermit wieder
in Kraft gesetzt, soweit sie nicht durch die im Art. II. erwähnten Bestimmungen
und den Zutritt zum Norddeutschen Bunde berührt werden.
Artikel XIII. Die hohen Contrahenten verpflichten sich gegenseitig, die
Herstellung einer unmittelbar von Leipzig ausgehenden und dort im direkten
Schienenanschluß mit der Thüringischen und der Berlin-Anhaltischen Bahn stehenden
Eisenbahn - geeigneten Falles unter streckenweiser Mitbenutzung einer der beiden
Bahnen - über Pegau nach Zeitz zu gestatten und zu fördern. Seine Majestät der
König von Sachsen wird derjenigen Gesellschaft, welcher für den im Preußischen
Gebiete belegenen Theil dieser Bahn die Concession erhalten wird, diese letztere
auch für die auf Sächsischem Gebiete gelegenen Strecke, unter denselben Bedingungen
ertheilen, welche in neuerer Zeit den in Sachsen concessionirten
Privat-Eisenbahngesellschaften überhaupt gestellt worden sind.
Die zur Ausführung dieser Eisenbahn erforderlichen Einzelbestimmungen werden durch
einen besonderen Staatsvertrag geregelt werden, zu welchem Behufe beiderseitige
Bevollmächtigte in kürzester Frist an einem noch näher zu vereinbarenden Orte
zusammentreten werden.
Artikel XIV. Die hohen Contrahenten sind übereingekommen, daß das Eigenthum
der Königlich Sächsischen Regierung an der auf Preußischem Gebiete belegenen Strecke
der Görlitz-Dresdener Eisenbahn, einschließlich des antheiligen Eigenthumsrechtes an
dem Bahnhofe in Görlitz mit der Ratification des gegenwärtigen Vertrages auf die
Königlich Preußische Regierung übergehen soll.
Dagegen wird die Königlich Sächsische Regierung vorläufig bis zum Ablaufe der im
Artikel XIV. des Staatsvertrages vom 23. Juli 1843 festgesetzten dreißigjährigen
Frist, und vorbehaltlich der alsdann zu treffenden weiteren Verständigung, in der
Ausübung des Betriebes auf der Strecke von der beiderseitigen Landesgrenze bis
Görlitz und in der unentgeltlichen Mitbenutzung des Bahnhofes in Görlitz verbleiben.
Sie wird den rechnungsmäßigen Reinertrag, welchen der Betrieb auf der gedachten
Strecke ergiebt, alljährlich an die Königlich Preußische Regierung abliefern. Die
Königlich Preußische Regierung verpflichtet sich, bei der von ihr beabsichtigten
Umgestaltung des Görlitzer Bahnhofes dafür Sorge zu tragen, daß der Königlich
Sächsischen Bahnverwaltung die zur ungestörten Fortsetzung ihres Betriebes
erforderlichen Räumlichkeiten und Bahnhofsanlagen in dem, den Bedürfnissen
entsprechenden Maße auch fernerweit verfügbar zu halten.
Artikel XV. Um der Königlich Sächsischen Regierung die in dem
Staatsvertrage vom 24. Juli 1843 für den Fall der späteren Abtretung ihres
Eigenthums an der Eisenbahnstrecke von der Landesgrenze bis Görlitz und ihres
Miteigenthums an dem Bahnofe in Görlitz in Aussicht genommene Entschädigung zu
gewähren, wollen Seine Majestät der König von Preußen von der im Artikel VI des
gegenwärtigen Vertrages festgesetzten Kriegskosten-Entschädigung den Betrag von
Einer Million Thalern als eine Compensation für die von Seiner Majestät dem
Könige von Sachsen im Artikel XIV des gegenwärtigen Vertrages zugestandenen
Eigenthumsabtretungen in Abrechnung bringen lassen.
Artikel XVI. Da nach Artikel 6 unter 10. der Reformvorschläge vom 10.
Juni d. J. das Postwesen zu denjenigen Angelegenheiten gehört, welche der
Gesetzgebung und Oberaufsicht der Bundesgewalt unterliegen, nun aber Seine
Majestät der König von Sachsen auf Grund dieser Vorschläge dem Norddeutschen
Bunde beitritt, so verspricht derselbe auch schon von jetzt an, weder durch
Abschluß von Verträgen mit anderen Staaten, noch sonst etwas vornehmen zu lassen,
wodurch der definitiven Ordnung des Postwesens im Norddeutschen Bunde irgendwie
vorgegriffen werden könnte.
Artikel XVII. Die Königlich Sächsische Regierung überträgt der Königlich
Preußischen Regierung das Recht zur Ausübung des Telegraphenwesens innerhalb des
Königreichs Sachsen in demselben Umfange, in welchem dieses Recht zur Zeit der
Königlich Sächsischen Regierung zusteht. Soweit die Königlich Sächsische Regierung
in anderen Staaten Telegraphen-Anstalten zu unterhalten berechtigt ist, tritt
dieselben ihre Rechte aus den hierüber bestehenden Verträgen an die Königlich
Preußische Regierung ab, welcher die Verhandlungen mit den betreffenden dritten
Regierungen über die Ausübung dieser Rechte vorbehalten bleiben.
Den Depeschen Seiner Majestät des Königs von Sachsen, der Mitglieder des
Königlichen Hauses, der Königlichen Hofämter, der Ministerien und aller
sonstigen öffentlichen Behörden des Königreichs Sachsen, bleiben dieselben
Bevorzugungen vorbehalten, welche den gleichartigen Königlich Preußischen
Depeschen zustehen.
Den Eisenbahnverwaltungen im Königreich Sachsen bleibt selbstverständlich die
Benutzung eines Betriebstelegraphen überlassen.
Zur Ausführung sämmtlicher, im gegenwärtigen Artikel enthaltenen Bestimmungen
werden unmittelbar nach dem Austausch der Ratificationen des Friedensvertrages
beiderseitige Commissarien zusammentreten.
Artikel XVIII. Seine Majestät der König von Sachsen erklärt sich damit
einverstanden, daß das in Sachsen, wie in der Mehrzahl der übrigen bisherigen
Zollvereinsstaaten bestehende Salzmonopol aufgehoben wird, sobald die Aufhebung
in Preußen erfolgt, und daß von dem Zeitpunkte dieser Aufhebung ab, die
Besteuerung des Salzes für gemeinschaftliche Rechnung sämmtlicher betheiligten
Staaten bewirkt wird.
Die näheren Bestimmungen bleiben weiterer Vereinbarung vorbehalten.
Artikel XIX. Seine Majestät der König von Sachsen erklärt, daß keiner
Seiner Unterthanen, oder wer sonst den Sächsischen Gesetzen unterworfen ist,
wegen eines in Bezug auf die Verhältnisse zwischen Preußen und Sachsen während
der Dauer des Kriegszustandes begangenen Vergehens oder Verbrechens gegen die
Person Seiner Majestät, oder wegen Hochverraths, Staatsverraths oder sonst wegen
einer die Sicherheit des Staates gefährdenden Handlung, oder endlich wegen eines
politischen Verhaltens während jener Zeit überhaupt strafrechtlich, polizeilich
oder disciplinarisch zur Verantwortung gezogen oder in seinen Ehrenrechten
beeinträchtigt werden soll. Die etwa bereits eingeleiteten Untersuchungen dieser
Art sollen einschließlich der Untersuchungskosten niedergeschlagen werden.
Seine Majestät der König von Preußen erklärt Sich damit einverstanden, daß nach
diesen Grundsätzen auch hinsichtlich derjenigen Verbrechen und Vergehen der oben
gedachten Art verfahren werde, welche während jener Zeit in Sachsen gegen die
Person Seiner Majestät den König von Preußen oder gegen den Preußischen Staat
etwa begangen worden sind.
Die aus Sachsen entfernten und etwa noch in Preußischer Haft befindlichen Personen
sollen, soweit dies nach Preußischen Gesetzen zulässig ist, aus derselben sofort
entlassen werden.
Artikel XX. Seine Majestät der König von Sachsen erkennt das unbeschränkte
jus reformandi Seiner Majestät des Königs von Preußen in Betreff der Stifter
Merseburg, Naumburg und Zeitz an, willitg in die Aufhebung der bisher der
Universität Leipzig zugestandenen Berechtigungen auf gewisse Kanonikate an diesen
Stiftern und verzichtet auf alle Rechte und Ansprüche, welche der Königlich
Sächsischen Regierung oder der Universität Leipzig aus den Statuten der Stifter
oder aus früheren Verträgen und Conventionen, deren etwa entgegenstehenden
Bestimmungen hiermit ausdrücklich aufgehoben werden, zustehen möchten. Die
Entschädigung der Universität Leipzig für die gänzliche Beseitigung ihrer
Beziehungen zu den Stiftern, sowie der jetzigen Inhaber ad dies muneris übernimmt
die Königlich Sächsische Regierung und macht sich anheischig, die Königlich
Preußísche Regierung gegen alle Entschädigungsansprüche der Universität oder
einzelner Facultäten und Professoren an derselben zu vertreten.
Artikel XXI. Seine Majestät der König von Sachsen willigt in die Auspfarrung
1) des bisher in die Sächsische Parochie Stoentzsch eingepfarrten Preußischen Filials Werben;
2) des bisher in die Sächsische Parochie Groß-Dalzig eingepfarrten Preußischen Filials Zitzschen;
3) der bisher in die Sächsische Parochie Quesitz eingepfarrten Preußischen Gemeinde Döhlen;
4) der bisher in die Sächsische Parochie Auligk eingepfarrten Preußischen Gemeinden Könnderitz,
Minkwitz und Traupitz;
5) der bisher in die Sächsische Parochie Püchau eingepfarrten Preußischen gemeinde Cossen und
6) der bisher in die Sächsische Parochie Thalwitz eingepfarrten Preußischen
Gemeinden Collau und Bunitz,
und zwar ohne Entschädigung von Preußischer Seite, dergestalt, daß die von den
gedachten Sächsischen Parochien zu erhebenden Entschädigungsansprüche von der
Königlich Sächsischen Regierung übernommen werden.
Artikel XXII. Insoweit während des Krieges in Sachsen weggenommene, im
Staatseigenthum befindliche Gegenstände, welche nach den bestehenden völkerrechtlichen
Grundsätzen nicht als Kriegsbeute anzusehen sind, noch nicht zurückgegeben sein sollten,
werden Seine Majestät der König von Preußen Anordnung treffen, daß deren Zurückgabe
alsbald erfolgt. Hierzu gehören insbesondere die auf den Staatseisenbahnen mit Beschlag
genommenen Locomotiven, Tender, Wagen und Schienen, sowie die auf den Königlichen
Hüttenwerken bei Freiberg weggenommenen Vorräthe an edlen Metallen und sonst
verkäuflichen Producten. Hinsichtlich der letzteren ist bei der darüber erforderlichen
Auseinandersetzung davon auszugehen, daß das darunter befindliche Werkblei der
Königlich Sächsischen Regierung gegen Erstattung des Werthes des darin enthaltenen
Bleies zurückgegeben wird.
Artikel XXIII. Die Ratification des gegenwärtigen Vertrages erfolgt bis
spätestens zum 28. dieses Monats und Jahres.
Zu Urkund dessen haben die beiderseitigen Bevollmächtigten diesen Vertrag in doppelten
Exemplaren unterzeichnet und ihre Siegel beigedruckt.
So geschehen Berlin, den 21. October 1866.
Savigny. Friesen.
Hohenthal.
Besondere Bestimmungen
in
Ausführung des Artikels IV. des Friedensvertrags vom 21. October 1866
Mit Bezug auf Artikel IV. des Friedensvertrags vom heutigen Tage sind die unterzeichneten
Bevollmächtigten über folgende Punkte übereingekommen:
1) Seine Majestät der König von Sachsen wird unverzüglich, und noch bevor die Ratificationen
des gedachten Friedensvertrages ausgewechselt werden, die Festung Königstein Seiner Majestät
dem Könige von Preußen einräumen.
2) Die Besetzung der Festung erfolgt ib der Art, daß die daselbst befindliche Königlich
Sächsische Infanterie durch eine Königlich Preußische Infanterie-Abtheilung unter
gegenseitiger militärischer Ehrenbezeugung abgelöst wird und der Königlich Sächsische
Gouverneur (Commandant) seine Functionen dem von Seiner Majestät dem Könige von Preußen
zu ernennenden Gouverneur (Commandant) übergiebt. Die Sächsische Infanterie-Besatzung
marschirt mit Waffen und Gepäck ab, um sich zunächst nach den diesen Truppentheilen zu
bezeichnenden Standquartieren zu begeben.
3) Alles auf der Festung befindliche und noch dahin zu verbringende Sächsische Material
an Geschützen, Waffen, Munition und Ausrüstungsstücken, Vorräthen, Lebensmitteln und alles
sonst sich daselbst befindende Staatseigenthum verbleibt unbestrittenes Eigenthum der
Königlich Sächsischen Regierung.
Die letztere behält demnach die freie und ungehinderte Verfügung über alle genannten
Gegenstände, so daß sie dieselben auf dem Königstein belassen oder von da jederzeit
zurückziehen kann.
4) Zur Bewahrung des vorgedachten Königlich Sächsischen Staatseigenthums verbleibt
jedoch unter dem Oberbefehl des Königlichen Preußischen Gouvernements (Commandantur),
das Königlich sächsische Artillerie-Detachement als Theil der Besatzung in der Festung;
mit ihm der Untercommandant, der Festungs-Ingenieur, der Adjutant, so wie alle
Festungsbeamte und Handwerker.
Der Königlich Preußischen Besatzung der Festung steht es frei, die dortigen Magazine
und Vorräthe aller Art zu ihrem Unterhalte gegen Abrechnung zu benutzen.
5) Unmittelbar nach erfolgtem Austausche der Ratificationen des Friedensvertrags wird
Seine Majestät der König von Sachsen bei allen von Seiner Majestät nicht zur
Friedensbesatzung von Dresden bestimmten Trupentheilen, innerhalb der militärisch
zulässigen Grenzen, eine Beurlaubung in ausgedehntem Maßstabe, und zwar noch vor deren
Rückkehr nach Sachsen, eintreten lassen.
Die im Übrigen noch nöthige Demobilisirung bei den einzelnen Truppencorps erfolgt
unmittelbar nach deren Rückkehr nach Sachsen. Auch tritt dann die vollständige
Beurlaubung aller entbehrlichen Mannschaft ein.
6) Dresden erhält eine gemeinschaftliche Besatzung von Preußischen und Sächsischen
Truppen. Die hierzu bestimmten Königlich Sächsischen Truppen werden einen Präsenzstand
von 2 bis 3000 Mann, exclusive der Chargen, nicht überschreiten.
7) In Beziehung auf die nicht für die Garnison in Dresden bestimmten Königlich
Sächsischen Truppentheile wird die erforderliche Unterkunft ihrer Cadres, Pferde,
Waffen und Ausrüstung unter Vernehmung mit dem Höchstcommandirenden Königlich
Preußischen General in Sachsen geregelt werden. Auch wird demselben Sächsischer Seits
das Marschtableau für die aus Österreich zurückkehrenden Königlich Sächsischen Truppen
rechtzeitig mitgetheilt werden.
8) Sobald die einzelnen Sächsischen Truppentheile auf Sächsisches Gebiet zurückgekehrt
sein werden, treten sie bis auf weitere Bestimmung unter den Oberbefehl des
Höchstkommandirenden Königlich Preußischen General in Sachsen.
9) Für die Stadt Dresden und die dort angelegten Festungswerke ernennt Seine Majestät
der König von Preußen den Gouverneur, Seine Majestät der König von Sachsen den
Commandanten. Das gegenseitige Verhältniß dieser Behörden zu einander und zu den
beiderseitigen Besatzungs-Contingenten von Dresden wird vorläufig nach Analogie der
früheren Bundesfestungen geregelt. Die übrigen damit verknüpften Fragen bleiben dem
weiteren Einvernehmen vorbehalten.
10) Bis die Reorganisation der Sächsischen Truppen im Wesentlichen durchgeführt und
deren Einreihung in die Armee des Norddeutschen Bundes erfolgt sein wird, fährt
Preußen fort, die für die Besatzung des Königreichs Sachsen nöthige Anzahl von Truppen
seinerseits zu stellen.
Die hieraus entspringenden gegenseitigen Verpflichtungen werden zwischen den beiden
betheiligten hohen Regierungen durch besondere Vereinbarung näher geregelt werden.
Sämmtliche für die Ausführung vorstehender Bestimmungen sonst noch nöthigen
Anordnungen bleiben einer Verständigung zwischen der Königlich Sächsischen Regierung
und dem Höchstcommandirenden Königlich Preußischen General überlassen.
Vorstehende Bestimmungen sollen als mit der Ratification des Friedens-Vertrags
ratificirt angesehen werden.
Berlin, den 21. October 1866.
Savigny. Friesen.
Hohenthal.
Protokoll
Verhandelt Berlin, den 21. October 1866
Bei der heutigen Unterzeichnung des zwischen Preußen und Sachsen abgeschlossenen
Friedensvertrags, erklären die Königlich Sächsischen Bevollmächtigten unter Bezugnahme
auf Art. V. Folgendes:
Die Königlich Sächsische Regierung, von dem lebhaften Wunsche beseelt, die vollkommene
Übereinstimmung zu bethätigen, welche zwischen ihr und der Königlich Preußischen
Regierung bezüglich der von jetzt an gemeinsam zu verfolgenden politischen Richtung
besteht, ist bereit
a) sofort und bis zu dem Zeitpunkte, wo die Frage wegen der internationalen
Repräsentation des Norddeutschen Bundes in definitiver Weise geordnet sein wird, ihre
eigene völkerrechtliche Vertretung bezüglich derjenigen Höfe und Regierungen, bei
welchen dieselbe gegenwärtig diplomatische Agenten nicht unterhält, auf die Preußischen
Missionen zu übertragen, und
b) dasselbe Verhältniß denjenigen Höfen und Regierungen, bei welchen dermalen Sächsische
Missionen bestehen, in allen Fällen temporärer Vacanz auf deren Dauer eintreten zu lassen;
c) auch in diesem Sinne die Königlich Sächsischen Vertreter im Auslande mit entsprechender
Instruction zu versehen, so daß sich Sachsen, im Geiste des mit Preußen abgeschlossenen
Bündnisses, schon jetzt in internationaler Beziehung der Preußischen Politik fest
anschließt.
Der Königlich Preußische Bevollmächtigte erklärt seinerseits, daß seine Regierung bereit
ist, die in Rede stehende Vertretung zu übernehmen und hierbei die Interessen, sowohl der
Königlich Sächsischen Regierung, als auch die der Königlichen Sächsischen Staatsangehörigen,
gleich wie ihre eigenen allenthalben zu wahren.
Schließlich waren die beiderseitigen Bevollmächtigten dahin einig, daß durch vorstehende
interimistische Bestimmungen das Recht Seiner Majestät des Königs von Sachsen, in einzelnen
Fällen außerordentliche Bevollmächtigte zu senden, in keiner Weise alterirt werden solle.
Vorstehendes Protokoll soll als mit der Ratification des Friedensvertrags ratificirt
angesehen werden.
Geschehen wie oben.
Savigny. Friesen.
Hohenthal.